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WEITER ANTIZIGANISTISCHE AUSSCHREITUNGEN IN TSCHECHIEN

von Juliane Nagel

Posted on | Januar 28, 2012 |

Im nordböhmischen Varnsdorf gehen seit Beginn des Jahres die antiziganistischen Ausschreitungen weiter. Nachdem die antiziganistischen Demonstrationen Ende Oktober 2011 mit Wintereinbruch zum Erliegen gekommen waren, gab es an den ersten beiden Wochenenden des neuen Jahres wieder Aufmärsche mit 50 bzw. 200 Teilnehmenden. Für den 29.1. hat die tschechische Nazipartei DSSS („Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit“) einen neuen Aufmarsch angemeldet.

Eine Weile war es ruhig geworden um das Dörfchen Varnsdorf, nur ein paar hundert Meter von der deutschen Grenze zu Seifhennersdorf entfernt. Letztes Jahr war die Ortschaft zeitweise jedes Wochenende Schauplatz rechter Aufmärsche mit mehreren hundert Teilnehmer_innen gewesen. Diese richteten sich gegen die ethnisierte Minderheit der dort lebenden Roma. Mehrfach wurde versucht, 2 Heime in denen eine Vielzahl von ihnen in ärmsten Verhältnissen wohnt, anzugreifen – es kam zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. In den letzten 2 Monaten hatte es dann so ausgesehen, als wäre das schlimmste Überstanden. Die rechten Demonstrationen zogen immer weniger Teilnehmer_innen an und unterblieben schließlich ganz.

Nun hat die DSSS erneut eine Kundgebung für den 29.01.12 angemeldet. Diese soll ab 9 Uhr auf dem Varnsdorfer Busbahnhof, nur wenige hundert Meter von einer der Roma-Herbergen, stattfinden. Wie das Infoportal romea.cz berichtet, steht die Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Tod einer älteren Varnsdorfer_in. Diese wurde nach Angaben ihrer Verwandten und der Polizei 14 Tage vorher in eine Auseinandersetzung mit einem Roma verwickelt und soll in Spätfolge an einer Herzattacke gestorben sein. Auch tschechische Medien zweifeln die Verbindung dieser beiden Ereignisse an, zumal es örtliche Zeugen geben soll, die behaupten die Frau wäre schon länger schwer krank gewesen.

Ein weiterer vermeintlicher Zwischenfall muss außerdem gegen die hasserfüllten antziganistischen Aktionen herhalten: In der Neujahrsnacht wurde eine dreiköpfige Familie aus Varnsdorf mit Verletzungen in Krankenhaus eingeliefert. Am 2. Januar erstatteten sie Anzeige, sie seien vor dem „Hotel Sport“ (einer der Sammelunterkünfte für Roma in Varnsdorf) von Roma angegriffen worden. Seit den Ausschreitungen im Herbst wird das Gebiet mit Videokameras überwacht. Von einem derartigen Angriff war auf dem Überwachungsvideo nichts zu sehen.

In der Neujahrsnacht kam es indessen zu tödlicher Gewalt, als ein Rentner im nordböhmischen Tanvald einen 22-jährigen Rom erschoss und dessen Bruder schwer verletzte. Zeugen gibt es keine, so steht Aussage gegen Aussage. Er habe in Notwehr gehandelt, da er mit einem Messer angegriffen worden sei, sagt der 63-Jährige, der nach seiner Vernehmung noch in der Neujahrsnacht wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Die Brüder seien außerdem auf Beutezug gewesen. Der jugendliche Überlebende fürchtet derweil um sein Leben. Nach seinen Aussagen sei unvermittelt und im Dunkeln auf ihn und seinen Bruder geschossen worden, er selbst wurde geschlagen und getreten. Bei den Ermittlungen werden antiziganistische Vorurteile offenbar, geglaubt wird dem Täter.

Vor dem Hintergrund dieser neuerlichen Entäußerung von Gewalt und Hass gegen Roma, vor dem Hintergrund der krassen Diskriminierung dieser Minderheit in zahlreichen europäischen Ländern und vor dem Hintergrund laufender Abschiebungen von Roma in den Kosovo ist Solidarität essentiell.

Die Leipziger Initiative gegen die Diskriminierung von Roma bereitet für Februar und März Soli- und Informationsveranstaltungen in Leipzig vor.  Zum Auftakt findet am 7.2.12 im Haus der Demokratie in der Bernhard-Göring-Str. 152 eine Veranstaltung “Alle bleiben. Veranstaltung zur Situation von Roma in Europa und Widerstandsstrategien gegen Abschiebungen” mit Kenan Emini vom Roma Center Göttingen e.V. statt (mehr Infos).

Textquellen: Antiziganismus-Watchblog und  Einzelpersonen im Libertären Netzwerk Dresden

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