Von Alexandra Sacharowa, Gajane Chanowa
Die französische Polizei hat erneut ein Zigeunerlager bei Paris gewaltsam aufgelöst. In England nimmt man Roma-Familien ihre Kinder weg. All dies geschieht trotz politisch korrekter Reden. Experten bescheinigen den europäischen Behörden Doppelstandards.
Das Versprechen von Francois Hollande, hartes Vorgehen gegen Sinti und Roma zu stoppen, hat laut einigen Analysten zu seinem Wahlsieg mit beigetragen. Nun sagt der russische Auslandsexperte Oleg Barabanow, den Franzosen komme es anscheinend mehr auf die allgemeine Toleranz an als auf das Schicksal konkreter Zigeunerlager. Es sei den Menschen in Frankreich offenbar egal, was die Polizei gegen diese Lager unternehme:
„Das Nomadenleben von Sinti und Roma widerspricht den allzu harten polizeilichen Richtlinien. Alle Vorschläge der Menschenrechtler werden dabei von den zuständigen Behörden ignoriert. Da haben wir mit Doppelstandards zu tun. Einerseits bekennen sie sich in allen Dokumenten zum Schutz der Menschenrechte, andererseits sind sie in ihren Ländern für keine Kritik erreichbar. Trotz aller politisch korrekten Reden ist die EU-Gesellschaft von der Fremdenfeindlichkeit angesteckt. Die Politiker wissen: Sinti und Roma machen eine kaum geschützte Bevölkerungsgruppe aus und keine Proteste sind wegen dieses Drucks zu erwarten“.
In Großbritannien ist die Situation ähnlich. Es gibt zwar Gesetze, um die Einwanderer zu schützen. Den kürzlich eingewanderten und vorerst arbeitslosen Roma nehmen die zuständigen Sozialbehörden ihre Kinder jedoch ganz offiziell weg. Das Argument ist ganz simpel: Arbeitslose Eltern seien nicht in der Lage, ihre Familien zu unterhalten. Vor diesem Hintergrund wird versucht, die Kinder in die britische Gesellschaft zwangsläufig zu integrieren. Der slowakische Journalist Dusan Kerny sagt, Roma aus Tschechien und der Slowakei seien besonders betroffen:
„Vielleicht wollen die englischen Behörden die Roma auf diese Weise einschüchtern, um deren Einwanderung zu stoppen. Eingeschüchtert werden dabei die Menschen aus Tschechien und der Slowakei, obwohl vor allem rumänische und bulgarische Roma ein Problem für England, Frankreich und ganz Europa darstellen, weil sie zahlenmäßig viel größer sind. Ausgerechnet darauf sind Verzögerungen bei Rumäniens und Bulgariens Schengen-Beitritt zurückzuführen. Alle befürchten eine unkontrollierbare Roma-Migration. Die EU wird also mit einem Riesenproblem konfrontiert und scheint dieser Herausforderung nicht gewachsen zu sein“.
Rund zehn Millionen Roma leben in Europa, die meisten von ihnen sind EU-Bürger. Wegen ihrer Volkszugehörigkeit fällt es ihnen sehr schwer, eine Arbeit zu finden. Die Einwanderer haben es noch schwerer, denn die Sozialpolitik versagt. Sie richten ihre Zigeunerlager ein, die dann den Einheimischen das Leben erschweren. Juri Rubinski, der Frankreich-Studien am Europa-Institut der Russischen Wissenschaftsakademie leitet, sagt, in Frankreich sei das Problem besonders akut:
„Nach unterschiedlichen Angaben sind 150.000 bis 200.000 Roma französische Staatsbürger. Es ist einfach unmöglich, sie mit Einwanderern aus Nordafrika oder arabischen Ländern gleichzustellen. Ihre Lebensweise sowie ihr Integrationsgrad sind sehr unterschiedlich. Manche sind sesshaft, ihre Kinder gehen in französische Schulen. Die meisten halten aber an ihrem Nomadenleben fest, daraus resultieren Reibungen mit den Einheimischen und mit den Behörden“.
Bereits im kommenden Jahr müssen Frankreich, Österreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Malta, Großbritannien und die Niederlande das Arbeitsverbot für Rumänen und Bulgaren aufheben. Das bedeutet, viele Roma bekommen eine Chance, einen Job zu finden und sich in einem EU-Land niederzulassen. Vorerst stoßen Einwanderer aus dem Balkan in diesen Ländern jedoch auf Hürden.
via http://german.ruvr.ru/2012_08_30/86712217/