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SPD-Politikerin Kanis fordert von Innenminister Geibert Abschiebestopp für Roma-Familien

Pressemitteilungen

05. Januar 2012

Mit Bestürzung hat Regine Kanis, migrationspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, auf die heute bekannt gewordene Abschiebung einer Roma-Familie aus Thüringen nach Serbien reagiert. „Die Familie mit ihren zwei Kindern wird mitten im Winter in eine völlig ungesicherte Zukunft abgeschoben“, sagt Kanis. Nach ihrer Kenntnis besitzen die Roma nicht einmal genügend Geld, um vom serbischen Flughafen Belgrad in ihr früheres Siedlungsgebiet zu kommen. Regine Kanis erneuert in diesem Zusammenhang ihre Forderung an den Thüringer Innenminister, bis zur Beratung des Landtagsinnenausschusses über einen Oppositionsantrag für einen Abschiebestopp weitere Abschiebungen von Roma in Balkanstaaten auszusetzen. „Ich denke, der Minister hat im Dezemberplenum gemerkt, dass es sich der Landtag bei diesem wichtigen Thema nicht leicht macht“, sagt die Abgeordnete. „Ich hätte daher von ihm mehr Sensibilität erwartet.“ Regine Kanis erinnert daran, dass die soziale Situation der Roma im Kosovo, in Montenegro, Albanien und Serbien noch immer äußerst prekär und von Diskriminierungen geprägt ist. „Daher muss dem Landtag Gelegenheit gegeben werden, über die Thematik im zuständigen Fachgremium zu beraten, bevor durch weitere Abschiebungen Tatsachen geschaffen werden“, sagt Kanis.

Stefan Schimming
Pressereferent

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Ungarn Gyöngyöspata 2011, John Heartfield, Krieg und Leichen – Die letzte Hoffnung der Reichen, 1932

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Tschechien: Mit Stehverbot gegen Roma

18.11.2011 von Karin Koller

„Politisch korrekte“ Vorgangsweise

Wer im tschechischen Städtchen Rotava kurz rasten will, muss stehen – weil Parkbänke abmontiert wurden. Doch auch das Stehen ist bei Geldstrafe verboten. Das alles ist ein seltsam anmutender Versuch der Behörden, auf vermeintlich „politisch korrekte“ Weise Roma und Sinti aus dem Ort zu vertreiben.

Bänke abmontiert, stehen verboten

Schaut man auf die Homepage des 3.500 Einwohnerstädtchens im böhmischen Erzgebirge, so stellt sich Rotava als eine gastfreundliche Stadt mit sympathischen Volksfesten dar. Doch von Gemütlichkeit ist im Ort selbst keine Spur – alle Bänke der Stadt sind abmontiert. Und damit niemand auf die Idee kommt sich möglicherweise anderswohin zu setzen, etwa auf Stiegen, wurde gleich ein allgemeines Sitzverbot im gesamten Öffentlichen Raum der Stadt verhängt. Und damit es sich niemand dann im Stehen „gemütlich“ macht, ist nun auch das verboten.

„Politisch korrekt“ gegen Roma

Der Grund: Es sei zu viel herumgelungert worden, zu viele Menschen hätten ihre Freizeit auf den Straßen verbracht, zu viel Lärm, zu viel Belästigung, so der ehemalige Bürgermeister von Rotava, Jan Sliva, auf dessen Initiative die neue Verordnung noch erlassen wurde. „Diese Leute haben alle behindert, man konnte nicht mehr an ihnen vorbei. Z.B. die Sanitäter haben es nicht mehr zu den Patienten geschafft, diese Leute haben einfach nicht reagiert.“ – „Diese Leute“ – damit sind in Rotava vor allem Angehörige der Roma-Minderheit gemeint. Gegen sie sollte in erster Linie dieses Sitz-und Stehverbot erlassen werden. Doch um politisch korrekt zu agieren und sich nicht dem Vorwurf der Ausgrenzung von Minderheiten auszusetzen, hat die Stadtverwaltung von Rotava ein Sitz-und Stehverbot für alle Menschen in der Stadt erlassen.

„Ausgefüllter Graubereich“ im Gesetz

Die Bewohner reagieren irritiert: „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“ – „Das schränkt uns total ein .“ – „Es ist verrückt, wenn ich mich auf eine Treppe setze, werde ich von der Polizei weggejagt, eine Strafe droht mir. Man hat hier keinen Platz mehr.
Wenn ich sitzen will, dann ist das doch mein Recht.“ Doch das ist kein wirklich verbrieftes Recht. Laut tschechischer Gesetzeslage ist das Sitz-und Stehverbot, wie es in Rotava bzw. auch in einer anderen tschechischen Stadt, in Litvinov eingeführt wurde, nicht gesetzeswidrig. „Mehr oder minder“ jedenfalls, schränkt der Bürgermeister von Litvinov ein: „Wir wissen, es ist ein Graubereich im Gesetz, aber wir haben halt diesen Graubereich mit unserer Verordnung ausgefüllt.“ Einzig der tschechische Verfassungsgerichtshof könnte diese lokale Regelung überprüfen und gegebenenfalls kippen. Doch er kann nicht von sich aus tätig werden. Dafür müsste jemand einmal offiziell Einspruch erhoben werden. Bisher hat dies aber keiner getan.

http://oe1.orf.at/artikel/291023

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Sogar bei den ungarischen Grünen hält die Hälfte Roma für genetisch kriminell

Rassismus als Konsens?

Was durch die gesellschaftliche Atmosphäre seit Jahren angezeigt wird, wurde jetzt auch offiziell mit Zahlen belegt: beim international erhobenen „Radikalismus-Index“, der 33 Länder umfasst, landete Ungarn auf Platz 5. Antisemitismus ist dabei stark auf dem Vormarsch, regelrecht verankert ist jedoch der Antiziganismus, dem auch der „weltoffene“ Teil der Gesellschaft erlegen ist.
Das in Budapest ansässige Forschungsinstitut „Political Capital“, sonst eher bekannt für relativ schwammige Politprognosen, stellte in einer interessanten Studie fest, dass die Zustimmung zu rechtsextremen Positionen und politischen Inhalten in Ungarn, bei den über 15-jährigen in den Jahren 2002 bis 2009 von 10 % auf 21% gestiegen ist, sich also mehr alsverdoppelt hat, was im internationalen Vergleich einen einmalig hohen Wert darstellt. Als „radikalste Nation“ wird von den 33 die Türkei eingestuft, die toleranteste sei Island.
Stereotype, die Vorstufe zum Vorurteil, wurden und werden auch im Film gepflegt. Hier einmal in einer “positiven” Auslegung. Die Serie “Arpad, der Zigeuner”, ausgerechnet eine deutsch-ungarische-französische Koproduktion aus den Siebziger Jahren, begeistete auch das Vorabendpublikum des ZDF. Was damals der unbändig wilde, aber edle Freiheitskämpfer für sein Volk (europäischer Winnetou) war, ist heute, der Hühnerdieb, der sich nicht integrieren will…
Die treibenden Kräfte hinter der Entwicklung generell, in Ungarn speziell, sind ein Vertrauensverlust in die demokratischen Strukturen, zunehmende Vorurteile und auch gestiegene Ängste und Pessimismus. Während man die zunehmende gesellschaftliche Zukunftsangst und den Pessimismus in Ungarn deutlich in Verbindung mit der Finanzkrise und der miserablen wirtschaftlichen Situation Ungarns setzen kann, müssen die Gründe für den Vertrauensverlust in die Demokratie direkt bei der politischen Elite gesucht werden, von der man wohl auch derzeit nicht erwarten kann, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Das erklärt aber noch längst nicht alles. Die gestiegene Präsenz von rechtsextremem Gedankengut äußert sich konkret vor allem in antisemitischen Verschwörungstheorien und einem Antiziganismus, der die gesamte Bevölkerung durchzieht. Schockierend, aber nicht unerwartet, ist, dass unter Jobbik-Anhängern 79% der Aussage zustimmen, dass Kriminalität bei Roma genetisch bedingt sei und diese daher zwangsläufig notorisch ist. Hier möchte man fast fragen, ob die anderen 21% sich etwa nicht auf Jobbik-Linie befinden, denn die These ist schließlich Parteiprogramm, ja Existenzgrundlage oder ob dieses Fünftel die Frage schlicht nicht verstanden hat? Was die gesellschaftliche Verbreitung von Rassismus deutlicher macht, sind jedoch die Positionen der Anhänger der anderen Parteien. Auch bei den „Sozialisten“, also den Anhängern der MSZP und den Fidesz-Anhängern stimmen mit 61 und 60% Zustimmung mehr als die Hälfte dieser Aussage zu. Die niedrigste Zustimmung gibt es immerhin bei der grün-liberalen LMP-Partei, die wegen fehlender Abgrenzung ihrer Fürhungsfigur gegenüber Jobbik-”Kollegen” immer mal wieder in die Kritik geraten ist. Doch für eine grün-liberale Partei, deren Anhänger eigentlich durch Weltoffenheit und ein Mindestmaß an humanistischer Grundbildung auffallen sollten, sind Zustimmungswerte zu rassistischen Aussagen von 49% eigentlich kein Grund, sich über den Titel der Partei mit den am wenigsten rassistischen Anhängern zu freuen. Eigentlich ist es eine Schande. Auch dass hier „nur“ 35% ihren Kindern verbieten würden, mit Romakindern in Kontakt zu sein, ist ein Wert, der zeigt wie tief gesellschaftlicher Rassismus auch bei sich sonst als aufgeklärt und liberal gebenden Ungarn verankert ist. Deutlich wird durch die nackten Zahlen auch, dass die Roma nur einen Teil des Problems bilden, ein Umstand, der in der oft mit missionarischem Ton geführten Debatte oft übersehen wird. Dass dort die Vorurteile gegenüber “den Weißen” durch eine gezielte Asozialisierung und Ausgrenzung über die Jahrhunderte geradezu gezüchtet worden sind, ist die eine Seite, das “Antrainieren” von “liebgewonnenen”, weil enigängigen und leicht verständlichen Vorurteilen die andere Seite der traurigen Medaille. Nach diesen Zahlen kann man den Einzug der Jobbik ins Parlament 2010 eindeutig nicht mehr als „Unfall“ frustrierter Wähler verbuchen, auch wenn sie von der derzeitigen politischen Krisensituation zusätzlich profitieren. Wären heute Wahlen, würde Jobbik nicht knapp 15%, sondern bereits über 20% der abgegebenen Stimmen erhalten, auch ein Beweis, dass die lavierende, kalkulierende Taktik der Nationalkonservativen im Umgang mit den Rechtsextremen nicht aufgegangen ist, wie sie schon in der Geschichte nie – im Guten – aufgegangen ist.

http://www.pesterlloyd.net/2011_49/49rassismusindex/49rassismusindex.html


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»Unsere Zukunft in Europa wird in Frage gestellt«

Versorgerin 2010
Emil Rabe traf die österreichische Romni und Künstlerin Marika Schmiedt zum Gespräch.

Dein Film »Eine lästige Gesellschaft« ist eine Spurensuche nach Hinweisen über das Schicksal Deiner Großmutter unter der Herrschaft des NS-Regimes. Am Mittwoch, den 22. September 2010 zeigt die Stadtwerkstatt zwei Filme Deines neuen Projekts »VISIBLE«.

Was ist das Thema von VISIBLE?

VISIBLE ist eine Portrait-Reihe von Überlebenden des Konzentrationslagers Ravensbrück. In den Filmen werden Interviews mit den »Ravens-brückerinnen« ergänzt durch Gespräche zwischen Müttern, Töchtern und Söhnen. Es geht um das Verhältnis der verschiedenen Generationen zur Erinnerung und Aufarbeitung des Erlebten, darum, den Blick auf die heutigen Auswirkungen der damaligen Verfolgung durch das NS-Regime zu werfen. Unter den interviewten Frauen finden sich u.a. Ceija Stojka, die in Ravensbrück, Auschwitz-Birkenau und Bergen Belsen inhaftiert war, die Kärntner Slowenin Anna Kupper, die als Widerstandskämpferin die PartisanInnen unterstützte, und Katharina Thaller, die als Zeugin Jehovas verfolgt wurde. Der Lebensalltag der Frauen mit ihren Erinnerungen, den Folgen des Erlebten für die gegenwärtigen Beziehungen zu ihren Kindern und Enkeln und deren Umgang damit könnte vor allem für jüngere ZuschauerInnen die Bedeutung der Geschichte für die heutige Situation sichtbar machen.

Die Auswirkungen des Nationalsozialismus sind Teil meines Alltagslebens, sie haben mich und uns geprägt. Viele Menschen haben damit aber ein Problem. Ihnen scheint es unmöglich, dieses Unvorstellbare, das gleichzeitig ganz vorstellbar ist, zu erfassen. In VISIBLE versuche ich – wie in meinen anderen Filmen – einen Denk-Raum dafür zu öffnen. Ich habe den Eindruck, dass mir das auch manchmal gelingt.

Roma und Antiziganismus sind gegenwärtig in Medien und Zivilgesellschaft immer wieder präsent. Wie siehst Du diese Entwicklung?

Ja, warum diese Präsenz? Oder besser gefragt: welche Art von Präsenz meinst du? Am Internationalen Roma Tag haben Barbara Prammer und mehrere Roma- und Sinti-Organisationen heuer unter dem Titel »Welche Zukunft haben Roma in Europa?« zu einer Veranstaltung ins Palais Epstein eingeladen – eine solche Präsenz empfinde ich als neuerliche Diskriminierung. Unsere Zukunft in Europa wird, scheint’s, immer wieder in Frage gestellt. Ich denke, dass wir solche Veranstaltungen, leere Worte, Versprechungen und Almosen nicht brauchen, dass es vielmehr dringend notwendig wäre, dass wir Roma uns stärker autonom vernetzen, dass wir uns organisieren und wehren und konkrete Forderungen formulieren. Ich bin in meiner Arbeit heute noch mitten in der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Verfolgung unserer Leute im Nationalsozialis-mus, während sich in Frankreich, Italien, in ganz Osteuropa bereits der nächste Wahnsinn zusammenbraut, eine neue Welle von Gewalt, Vertreibung und Mord an dort lebenden Roma.

Für mich ist das schon schlimm genug, aber im Kontakt mit KZ-Überlebenden wird mir immer klar, wie sehr dieser wiederauflebende Rassismus vor allem diese Menschen trifft. Die alten Roma, die im KZ waren, sagen mir ganz klar, dass sie – auch hier – um die Zukunft ihrer Kinder bangen. In unmittelbarer Nähe, in Plavecky Štvrtok – das ist ein slowakisches Dorf an der österreichischen Grenze – versuchen der Bürgermeister und die Bevölkerung mit massiven Mitteln, die dort seit Jahrzehnten lebenden Roma zu vertreiben. Seit kurzem dreht man ihnen jetzt untertags sogar das Wasser ab! Man lässt sie nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen, sie dürfen nicht zum Kirtag ins Dorfzentrum kommen. Ihre kleinen Kinder werden in der Schule schikaniert und ihre Häuser sollen demnächst wegen angeblich fehlender Baugenehmigungen abgerissen werden. Was dann aus ihnen werden soll, das kümmert – auch bei uns – niemanden.
Die Diskussion um Roma dreht sich ständig um Bildung und Integration. Ungenügende Bildung, Arbeitslosigkeit und Armut sind aber produzierte soziale Probleme und kein »Roma-Problem«. RednerInnen bei der Veranstaltung im Parlament sprachen im Zusammenhang mit der Situation der Roma gar von einer »sozialen Zeitbombe«.

Auf diese Weise werden Klischees der Medien und Vorurteile unreflektiert reproduziert. Was mich auch stört, ist, dass alle ständig den Begriff »Minderheit« verwenden. Millionen Menschen der Volksgruppen der Roma und Sinti leben seit Jahrhunderten hier in Europa und werden dennoch als Minderheit bezeichnet, als Menschen, die zu Integration angehalten werden sollen. Hier in Österreich werden unsere Alten – und wir alle – tagtäglich durch den Sprachgebrauch an die Vernichtungsmaschinerie im KZ erinnert, wenn im Zusammenhang mit AsylantInnen von »Anhalte-Lagern« gesprochen wird. Dass eine solche menschenverachtende Grundstimmung und Sprach-Politik heute wieder möglich ist, ist schrecklich. Manchmal denke ich, es wäre vielleicht besser, wenn wir Roma aus Europa auswandern würden, aber wohin? Wir haben keinen Staat.

Wie kann es sein, dass 65 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus Antisemitismus, Hetze und Gewalt gegen Roma weiterhin an der Tagesordnung sind?

In Österreich ist der Grund nach wie vor eine oberflächliche oder fehlende NS-Aufarbeitung. Ich erzähle dir dazu zwei Beispiele. Für die Dreharbeiten zu »Eine lästige Gesellschaft« war ich in Auschwitz. In der Gedenkstätte haben die verschiedenen Nationen der Auschwitz-Häftlinge einen eigenen Raum zur Verfügung, um die Geschichte des Landes zu erzählen. Im Österreich-Raum steht auf einer Tafel, dass Österreich »1938 das erste Opfer des Nationalsozialismus« gewesen wäre. Österreich – ein Opfer? 99% der Bevölkerung haben bei der Abstimmung 1938 damals für den »Anschluss« gestimmt! Die Tafel mit dieser Sicht der Geschichte, die Österreich als Opfer der Nazis darstellt, ist heute noch dort. In Wien hängt in der Bundespolizeidirektion am Schottenring eine Gedenktafel. Gedacht wird darauf in einem Atemzug den Opfern und Tätern des Nationalsozialismus. »Schutzpolizisten«, so heißt es im Text wortwörtlich, seien
»zu Verbrechen an Juden und anderen Opfern missbraucht« worden. Auf Anfrage nach langem Warten – waren schließlich PolizistInnen bereit, dazu vor der Kamera Stellung zu beziehen. Die unabdingbare Unterscheidung zwischen Opfern und Tätern im Nationalsozialismus war manchen völlig unbekannt. Bezeichnend war auch, dass der Nationalsozialismus mit Ausdrücken wie »diese Zeit« umschrieben wurde.
Dieses schreckliche Gleichmachen, Gleichsetzen von Opfern und Tätern, durch die der Wahnsinn der Ideologie des Nationalsozialismus ausgeblendet wird, ist, denke ich, weniger eine Folge mangelnder Information, sondern eine Frage der Haltung. Die meisten ÖsterreicherInnen – das erscheint mir wesentlich – sehen sich als Unbeteiligte.
Das ist das Grundproblem – alle glauben, sie seien unbeteiligt an dem, was war und was ist. Für mich liegt ein Teil des Problems auch darin, dass in der so genannten Mehrheitsgesellschaft eine intensive Aufarbeitung und Aufklärung der eigenen Geschichte auch kaum möglich ist, weil die Lebenszeit der Menschen in die Maschinerie der Lohnarbeit eingespannt ist. Es mangelt schlicht an der nötigen Zeit zum Nachdenken. Zeit und Reflexion werden bis heute nicht als Notwendigkeit und Voraussetzung für ein respektvolles Miteinander gesehen, vielmehr hält man sie für einen Luxus, der kaum jemanden interessiert.
Selbstinszenierung und Konformismus haben dadurch überhand genommen, Zivilcourage ist out.